Comtheo * Predigten aus dem Vikariat von Susanne und Martin Jensen
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28.Mai 2000 - Rogate - Kolosser 4,2-6 Vikarin Susanne Jensen Liebe Gemeinde! Wir werden heute Morgen im Gottesdienst wieder einmal konfrontiert mit einer Reihe von Ermahnungen. Seid beharrlich...wacht...betet...verhaltet euch....eure Rede sei! Um zu begreifen, was da eigentlich los ist, ist es ratsam mehr über den Kolosserbrief zu erfahren: Der Brief an die Kolosser ist in der 2.Hälfte des ersten Jahrhunderts von einem Paulusschüler verfaßt worden. Der Verfasser schreibt im Namen und vielleicht sogar im Auftrag des Paulus der Gemeinde Kolossä. Die Gemeinde besteht überwiegend aus Heidenchristen und liegt in der römischen Provinz Asia - heute in der Südwestlichen Türkei. In der Kleinstadt-Gemeinde herrscht Verwirrung. Lehrer treten auf, sie lehren eine neue Weltanschauung. Die Menschen müssen bestimmte Feiertage, Neumonde, einhalten, und sie sollen Verhaltensvorschriften beachten: dies sollst du nicht anfassen, das sollst du nicht essen. Der Paulusschüler schreibt energisch gegen diese neue Weltanschauung: In Christus ist alles geschaffen, was im Himmel und auf Erden ist, das Sichtbare und das Unsichtbare, es seien Throne oder Herrschaften oder Mächte oder Gewalten, es ist alles durch ihn und zu ihm geschaffen. ...Ja, Christus hat die vermeintlichen Mächte und Gewalten ihrer Macht beraubt. Jesus Christus hat die Menschen befreit und doch gibt es in Jesu Christi Namen eine Menge Glaubensermahnungen in unterschiedlichster Form. Zum Beispiel in der Form der christlichen Haustafel. Eine wichtige Haustafel enthält der Kolosserbrief. Darin sind enthalten Leitlinien für das Verhalten von Frauen, Kindern, Sklaven - Männern, Vätern, Herren: Thema ist das Leben als Dienst für Gott. Alles, was ihr tut, das tut von Herzen als dem Herrn und nicht dem Menschen. Nach der Haustafel folgen die Ermahnungen, die uns speziell interessiern: unser Predigttext. Der Predigttext enthält Ermahnungen an Leute, die anscheinend Ermahnungen nötig haben. Die Leute von Kolossä tun mir ein wenig Leid: Denn mir persönlich geht es immer so, daß ich nervös werde, wenn ich durch Glaubensermahnungen zugetextet werde. Glauben und Ermahnungen - ein Widerspruch in sich. Das hört sich für mich an wie besserwisserisches Zeigefingerchristentum. Hart zu hören, hart zu glauben und zu leben für jedermann. Wacht! Betet! Tut! Aufgefordert wird zum unablässigen Gebet, zum Dankgebet - zum Fürbittgebet. Die Kolosser im 1.Jahrhundert nach Christus haben gebetet. Wie beten wir Flensburger im 21.Jahrhundert eigentlich? Wieviel Gebet tut heute Not für uns? Welche Beschaffenheit soll das Gebet haben? Wie intensiv soll es sein? Welchen Geschmack soll es haben - wieviel Gefühle sollen dabei zum Vorschein kommen? Wir sind aufgefordert zum Gebet - heute! Doch was ist realistisch und vernünftigerweise einzufordern? Ich versuche erst einmal auf mich selbst zu schauen und will auch keinen Maßstab setzen, denn den rechten Maßstab setzt jeder für sich selbst zu seiner Zeit mit dem eigenen Herzen. Ich bin eher der Typ, der mit Stoßgebeten betet. Genauer gesagt, meine Gebete sind eher kurz und begleiten mich oft beim Gehen auf der Straße: Ein Vers: Der Herr ist mein Hirte... und ob ich schon wanderte im Finsteren Tal, du bist bei mir ... ja, du bist bei mir. Oder: Vater unser im Himmel... Deine Güte reicht soweit der Himmel ist und soweit die Wolken gehen... Mit diesen Worten gehe ich. Oft im Rhythmus meiner Schritte - warme Worte in Bewegung. Die Worte bewegen mich, tragen mich - sie kommen aus meinem Inneren, so wie der Atem Gottes es zuläßt. Ein Beten aus dem Bauch heraus, stärker gefühls- als verstandesmäßig. Ich erinnere mich, als es mir besonders schlecht ging, gab mir ein Halbvers aus Psalm 31 Kraft: Herr, du stellst meine Füße auf weiten Raum. Ich habe schon viele Gebetsformen ausprobiert, doch die Kurze gefällt mir am besten. Kurz und direkt kann ich Gott meine Gefühle am besten sagen. Das ist meine Form. Und dazu braucht mich keiner zu ermahnen. Jeder von uns kann seine persönliche Geschichte vom Beten erzählen - seine persönliche Haltung zum Gebet, die ihm gut tut. Und das soll es auf alle Fälle - guttun! Der eine betet mit den Losungen des Tages, der andere mit der Bibel - oder dem Neukirchner Kalender. Wichtig ist nur, daß wir dran bleiben, daß der Kontakt zu Gott nicht abreißt. Und dabei hat auch das Klagegebet, oder der Hilferuf große Bedeutung. Wieder in Worten der Psalmen: Gott, hilf mir! Denn das Wasser geht mir bis an die Kehle. Ich versinke in tiefen Schlamm, wo kein Grund ist, Gott, hilf mir! Auf das Herz kommt es an - nicht auf die Menge sondern auf die Qualität - Auf ein ehrliches Wort - zweifelnd, klagend, liebend, dankend - beten, so vielfältig wie das Leben eben ist. Das zum Gebet. Als ob es damit nicht genug wäre, sollen sich die Kolosser gegenüber Außenstehenden weise verhalten. Damit sind die gemeint, die nicht zur christlichen Gemeinde gehören. Es gab Zeiten im Mittelalter da waren fast 100% der Bevölkerung in Europa christianisiert. Im 1. Jahrhundert nach Christus war das nicht so, und heute im 21.Jahrhundert ist es auch nicht mehr so. Die christliche Gemeinde in der heutigen Zeit kann sich durchaus die Worte des Paulusschülers an die Kolosser zu Herzen nehmen: Verhaltet euch weise gegenüber denen, die draußen sind, und kauft die Zeit aus. Eure Rede sei allezeit freundlich und mit Salz gewürtzt, daß ihr wißt, wie ihr einem jeden antworten sollt. Ich höre die Worte gegenüber den draußen nicht feindlich oder irgendwie ablehnend, im Gegenteil. Es besteht Interesse an den Außenstehenden. Wenn wir mit ihnen ins Gespräch kommen, sollen wir uns Mühe geben, sollen verbindlich Auskunft geben über die Hoffnung, die unser eigenes Herz erfüllt. Natürlich ist es leichter die Außenstehenden einfach links liegen zu lassen. Einfach mit einem Schulterzucken zu Kenntnis zu nehmen, daß es solche Leute auch gibt. Die Ermahnung bleibt stehen: Verhaltet euch ihnen gegenüber! ... Das hat allein Sinn und geht nur überzeugend, wenn wir leben, was wir predigen und beten. Die Menschen, die draußen sind, oder die mal drinnen waren, und nun draußen sind - die Ausgetretenen, haben einen Anspruch darauf unser Christentum vorgelebt und vorgebetet zu bekommen. Die Freiheit und die Weisheit der Verkündigung ist unser aller Ding, unser Interesse. Wir sollen freundlich Auskunft geben, aber bestimmt - eben salzig. Niemand kann und darf zum Glauben gezwungen werden, und Glauben kann nur dort entstehen, wo Menschen es ehrlich miteinander meinen, wo sie sich wirklich etwas sagen wollen. Von dem Predigttext angeleitet komme ich zu der Erkenntnis, daß persönliches Gebet und Verkündigung untrennbar zueinander gehören. Ein Mensch, der von Herzen betet, so einfach seine Worte auch sein mögen, ist der überzeugenste Verkündiger der Frohbotschaft. Man kann ihm abspüren, daß er in einem lebendigen Gespräch mit Gott ist. Eine doppelte Qualitäts-Anforderung für den tätigen Christen: er soll ehrlich beten und ehrlich Umgehen mit seinen Mitmenschen. Zuerst war ich ich genervt von dem Predigttext, er machte mich einfach nervös. Durch die Auslegung kann ich dem Zusammenhang von Gebet und Verkündigung ich etwas abgewinnen. So will ich die Predigt, die um Ermahnungen ging, mit ermahnenden Worten aus dem Kolosserbrief schließen: Laßt das Wort Christi reichlich unter euch wohnen: lehrt und ermahmt einander in aller Weisheit, mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen. Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn. AMEN
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