Comtheo * Predigten aus dem Vikariat von Susanne und Martin Jensen


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1.April 1999 - Gründonnerstag - Mk 14,17-26
Susanne Jensen

Liebe Gemeinde!
Judas Iskariot war zu den Hohenpriestern gegangen.
Sein Plan war reif.  Er gab eine Information weiter.
„Früher oder später muß es zur Konfrontation kommen,
dann stehen endlich alle auf.“
So dachte sich das Judas, der drahtige Vordenker der Truppe.
„Wenn sie ihn verhaften, gibt es Aufruhr, - eine große Sympathiewelle.
Und dies mitten in Jerusalem am Wallfahrtsfest.
Nie wieder werden wir so viele Menschen gegen die römische Militärmacht
mobilisieren können. Nie wieder haben wir einen geeigneteren Anlaß 
zum Beginn des großen Freiheitskampfes. 
Gott sei mit uns! - Den Mutigen das Glück!“
Es war Abend.
Die Zwölf waren wieder vereint.
„So, Nun haben wir wenigstens auch für genügend Getränke gesorgt!“
Mit einem zufriedenem Gesichtsausdruck setzte Petrus eine Holzkiste
mit Weinkrügen geräuschvoll ab  und strich sich den Staub von der Stirn.
Alle Festbesorgungen hierher bringen; so lautete der Auftrag.
Philippus schmunzelte über eine Schmiererei an der Hauswand:
„Zuerst kommt das Fressen, dann die Moral!“
Alle lachten. „Gut, daß das bei uns nicht so ist.“
„Nein, nein, Gott bewahre!“
Eine Treppe führte zu einem Saal hoch.
Irgendwie plüschig - nette bestickte Kissen, jerusalemer Handarbeit.
Gespannte Atmosphäre,
die Ansträngungen der letzten Tage, ja Wochen, waren auf den Aufenthalt
in Jerusalem konzentriert.
Schwer beladen sind sie angekommen, zusätzlich im Gepäck:
viele Erinnerungen und Erwartungen.  
Jeder von ihnen weiß Heimat- und Weggeschichten zu erzählen.
Kühle, gute, bewegende Bilder von den Tagen am See Genezareth.
Petrus war ein großer Erinnerer. 
Ihm brannten sich Begebenheiten ins Herz. „Jakobus, weißt du noch...!“
An vielen Tischgemeinschaften waren sie zu Gast,
die buntesten Vögel folgten ihnen, gesellten sich ihnen zu.
Großfamilie der Gottbegeisterten.
Dies war so und ist so, weil Jesus alle Zeit und alle Wege die Sucher 
und Sünder liebt und zur Gemeinschaft einläd.
Petrus, - selbsternannter Getränkewart - ,hatte in Jerusalem sein Netz 
ausgeworfen, und konnte judäischen Wein an Land ziehen.
Besorgungen waren nicht so einfach, aus allen Himmelsrichtungen
kamen Pilger zum bevorstehenden Passafest.
In jeder kleinen Gasse regte sich Leben.
Selbst die römischen Soldaten sangen die fröhlichen Lieder mit.
Um das Heiligtum - den Tempel, hörte man Choräle von
psalmodierenden Pilgergruppen.
Die bediensteten Priester leiteten und lenkten das geordnete Chaos
nach gewohnter Routine.  Durch ihre Hände floß viel Geld; -
in ihrer hochpriesterlichen Zentrale zerbrachen sich die Oberen
über die Leitlinien der kommenden Zeit den Kopf.
„Auskommen mit den Römern!“, hieß die Parole.
„Manus manum lavat. - Eine Hand wäscht die andere.“
Die Zukunftsfrage kann man nur pragmatisch und zweckorientiert angehen.
Von der Zusammenarbeit mit ihnen könnte man sogar profitieren, - lernen.
Sie sind als kompetente Machtmanager das Führungspersonal der 
antiken Welt.
Definierte Ziele, global gedacht und brutal gehandelt, zeitigen Erfolg.
Wie würde wohl Jesu Botschaft vom bevorstehenden Herschaftswechsel
gerade hier ankommen?
Das war eine der Fragen, die den Jüngern kopfzerbrechen bereitete.
Sie kannten schließlich ihren Meister und seine Vorliebe für Provokation.
Stellt er sich etwa auf den Tempelplatz und predigt:
„Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen.“
Wird er wieder Verkaufstische der Tempelhändler umwerfen 
und sich wie ein Wilder aufführen?  Alles schon gehabt!
Seine Botschaft ist schneidend wie ein Schwert -
niemand kann sich zu seinen Worten neutral verhalten.
Petrus stellt sich die Bergpredigt auf dem Tempelberg vor:
die bleichen Gesichter der religiösen Führer, 
der römerfreundlichen Sympatisanten, die von den visionären Bildern Jesu
herausgefordert werden: „Selig sind die Sanftmütigen,
denn sie werden das Erdreich besitzen.“
Da ist Musik drin - das bewegt Herzen.
Petrus träumt weiter, träumt vom Anfang einer großen Bewegung.
Immer mehr Menschen stehen auf und machen sich visionäres,
revolutionäres Denken zu eigen:
„Gott übt Gewalt mit seinem Arm und zerstreut, die hoffärtig sind
in ihres Herzens Sinn. Er stößt die Gewaltigen vom Thron und 
erhebt die Niedrigen...“
Mit etwa solchen Gedanken und Hoffnungen erfüllt sitzen die Zwölf
mit gefüllten Bechern um den Tisch.
Sie wissen, daß ihr Meister Jesus den Überblick hat, 
daß er ihnen sagen wird, wo´s langgeht.
Petrus greift nach seinem Becher, der Tag hat ihn durstig gemacht...
„Wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch, der mit mir ißt, wird mich verraten.“
...wie erstarrt bleibt Petrus der Schluck im Munde stecken...
Die Worte Jesu wollen ihm nicht eingehen... „Bin ich´s!“
Das kann doch nicht sein... „Bin etwa ich´s?“
Worte wie Bleigewichte, schweres Schlucken und schamhaft traurige Blicke. -
Jesus läßt seine Jünger im Selbstzweifel, 
denn alle essen sie aus der einen großen Schüssel, 
alle sitzen sie in einem Boot und haben die vergebende Liebe 
in gleicher Weise nötig.
Schicksale sind miteinander verwoben, unsichtbare göttliche Linien
gehen von einem zum anderen, von Jesus zu Judas, von Jesus zu Petrus -
gemeinschaftlich verbunden sind sie alle.
Der Stimme seines Herzens, und der Stimme Gottes folgend,
ist Jesus an diesem Abend Tischherr. 
Er spricht die Gebete wie sonst auch und stellt sich wissend 
dem Anspruch Gottes:  In seinen Händen hält er das Brot.
Er hält es in einer offenen Hand, bereit zu geben.
Er segnet das Brot. Denn es kommt von Gott, dem Geber aller Gaben und
Begabungen.  Er bricht das Brot und spricht:
„Das ist mein Leib - Das bin ich selbst.“
Den Jüngern gehen diese Worte schwer ein.
Ihr Meister redet wieder offen in Rätseln.
So redet er, seitdem er sich nach Jerusalem auf den Weg gemacht hat.
Wären sie bloß nicht hergekommen.
Immer wieder dieses Kommende, - eine große Bedrohung der Gemeinschaft.
„Das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird.“
Jesus ist bereit sein Leben auszuschütten,  bereit dahin zu gehen.
Unverständlicher Opfergang! - Mensch, die Türen stehen offen,
laß uns abhauen!  In die Menge eintauchen und einfach weg!
Nicht dahingehen!  In den Tod womöglich!  Ins Aus gehen.  Sich aufgeben.
Meister, was steht auf deinen Fahnen geschrieben?
Was sind deine Leitbilder?  Jesus von Nazareth, wir wollen kämpfen,
wir wollen dir folgen.  Wir wollen uns der ganzen Welt stellen.
Denk an die vielen Menschen!
Du hast sie geheilt, du hast ihnen vom Reich Gottes gepredigt.
Du hast Tote auferweckt. 
Du bist unser Leitstern, - unser Heiland.
Bitte vergeude dein Leben nicht - bleibe bei uns!

Auf ihm lag das Heil der Welt!
Er hatte offene Hände, gab sich selbst,
tat dies, um die Welt der Ewigkeit Gottes näher zu bringen!
Die Jünger aßen und tranken,
ihre Seelen waren durstig  an diesem Abend, an dem sie sagten:
„Das verstehe ich nicht.“
Ja, gerade an diesem Abend haben sie 
die Freundlichkeit Gottes schmecken dürfen.
Herr, laß auch uns deine Freundlichkeit schmecken.
- Marathana, Herr komme! -
AMEN

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