Comtheo * Predigten aus dem Vikariat von Susanne und Martin Jensen


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23. Juli 2000 - 5. Sonntag nach Trinitatis - 1. Mose 12,1-4a
Vikarin Susanne Jensen

Liebe Gemeinde!

Am Mittwoch dieser Woche gab´s Zeugnisse und Ferien.
Der letzte Schultag vor den Ferien ist immer ein besonderer Tag.
Dieser Tag hat Abschlußcharakter: ein Schuljahr ist zu Ende,
etwas Neues kann beginnen.

Ich muß ehrlich zugeben, Schule war nicht so mein Ding,
und ich war immer froh, wenn ich diese Anstalt für ein paar Wochen
nicht sehen mußte.

An das Gefühl im Bauch: Endlich Ferien!
wurde ich diese Woche erinnert durch die Kinderhofkulturtage
auf unserem Marienkirchhof. 

Dieses Fest zu Ferienbeginn war liebevoll gestaltet:
Ferienpassaktion, viele Spiele, Wasserlabyrinth und Pausenclowns.
Waffelduft drang von Mittwoch bis Samstag 
aus unserem Jugendcafe Noahs.

Auch ein Gewitterregen konnte die Freude daran nicht nehmen.

Diese Sommer-Ferien-Zeit ist auch für ganz viele von uns: 
Reisezeit - Aufbruchszeit.
Jahr für Jahr machen wir uns auf den Weg, 
ob per Bahn, per Auto, Schiff oder Flugzeug,
Hauptsache weg vom alltäglich ermüdenden Getriebe.

Reisen um wieder atmen zu können, 
neue Eindrücke vom Leben in uns aufzunehmen
und zu spüren, daß es noch etwas anderes gibt, außer
früh aufstehen, zur Arbeit gehen, müde nach Hause kommen, 
fern zu sehen und dann ins Bett zu fallen.
Die Aktenberge bleiben auf der Ablage liegen und
die Bürotür fällt ins Schloß.

Eine neue Reise beginnt
mit dem Wunsch Leben zu schmecken:

In diese reiselustige Zeit hinein predige ich
heute einen Text aus dem 1.Buch Mose, 12.Kapitel. 
Dieser Text schildert den Beginn einer besonderen Reise,
einer Reise, die in Neuland geführt hat.

Und der Herr sprach zu Abram:
Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft
und aus deines Vaters Hause in ein Land,
das ich dir zeigen will.
Und ich will dich zum großen Volk machen
und ich will dich segnen und dir einen großen Namen machen,
und du sollst ein Segen sein.
Ich will segnen, die dich segnen,
und verfluchen, die dich verfluchen;
und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden.
Da zog Abram aus, wie der Herr zu ihm gesagt hatte.

Eine besondere Reise beginnt: eine Reise ohne Wiederkehr 
in neue Gefilde - ins Unbekannte -
keine Urlaubsreise, kein gemütlicher Spaziergang.

So lesen wir in der Bibel an der Nahtstelle zwischen
Urgeschichte und Vätergeschichte 
die älteste Aufbruchsgeschichte der Weltzeit.

Abram ist der von Gott Angeredete.
Geh doch ... brich auf ... verlasse deine Heimat! 
Auf Hebräisch: Lech lecha - hopp, tu es, erhebe dich!

Seine Zelte soll er abbrechen, der Gottesmann aus Ur in Chaldäa.
Seine Frau Sarai, seinen Vater Terach und 
seinen Neffen Lot nimmt er mit auf die Reise,
am Euphrat entlang nach Haran und dann weiter in das Land,
daß ihm Gott zeigen will.

Das muß schon ein besonderer Typ sein,
der diese Herausforderung, 
dieses Herausgerufen werden durch Gott annimmt
und seinen Gang ins Ungewisse lenkt.

Abram hörte Gottes Wort und ließ sich d´rauf ein.
So gilt durch die Zeiten hindurch bis zu Paulus 
der Abram als Glaubenshelt: Abram glaubte dem Herrn,
und das rechnete er ihm zur Gerechtigkeit. 
Heißt es im Römerbrief des Apostels Paulus.
Abram wird zu Abraham, dem Vater des Glaubens,
dem Vater der Völker.

Vaterland, Verwandtschaft, Vaters Haus läßt er hinter sich
und vertraut den neuen Wegen.
Ob es durch Wüsten geht oder weites Land,
er hat immer wieder Abbruchzelte aufgeschlagen,
und betrachtet in den Nächten den Sternenhimmel.

Wem traut Abram? - 
Seinem Gott, dem Weggott,
der mit ihm über Stock und Stein geht.
Dem der zu ihm sprach: Ja, mach das mal, lech lecha - Geh los Junge!
Dein Weg hat Sinn - dein Weg hat ein Ziel!
So traut er sich zu gehen im Bewußtsein der Wegbegleitung:
Gott steht am Anfang,
Gott steht am Ziel 
und begleitet auf dem Weg.

Das Ganze hat einen Sinn:
der Sinn liegt im Segen.
Segen soll dem Abram zu Teil werden:
Von Abram und Sarai soll ein großes Volk hervorgehen,
er soll sich einen Namen machen und erkennbar gesegnet sein.

Abrams Volk ist das Volk Israel - das jüdische Volk.
Und so kann ich im jüdischen Gebetbuch, dem Sidur,
im Achtzehnbittengebet, in der ersten Segensbitte lesen:
Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott und Gott unserer Väter,
Gott Abrahams, Gott Isaaks und Gott Jakobs,
großer, starker und furchtbarer Gott, höchster Gott,
der du beglückende Wohltaten erweisest und Eigner des Alls bist,
der du der Frömmigkeit der Väter gedenkst und einen Erlöser
bringst ihren Kindeskindern um deines Namens willen in Ewigkeit.

Die Erwählung Abrams hat Sinn und Zweck: 
Sein Aufbruch hat Segenswirkung, die sich auf 
alle Völker der Erde erstrecken soll. 
Sein Volk soll zum Licht der Heiden werden.
So ist es von Gott geplant,
daß die Heilsgeschichte sich ausweiten und
über alle möglichen Grenzen hinweggehen soll.

Eine wunderbare Geschichte -
eine wunderbare Religionsgeschichte,
die Menschen gewinnen will für das Heil der Welt: 
der Gesegnete soll zum Segen werden,
der Gesalbte zum Heil der Welt. 

Das Heil weitet sich aus, tritt über Grenzen hinweg und
sucht Menschen mit Gott im Herzen.

Jesus Christus hat uns Christen Gott ins Herz gelegt.
So treten wir auf und stellen uns als wanderndes Volk Gottes
Gott für neue Aufträge zur Verfügung.

Wir sind im Glauben gewissermaßen Abrams Kinder,
gesegnete Getaufte, die hoffen auf Gottes Begleitung
in unserem Leben.

Unser Glaube sollte nicht seßhaft werden,
weil wir schon glaubten, wir hätten das Heil,
wir hätten schon alles.
Unser Glaube sollte immer wieder von Neuem
den Segen Gottes einatmen wollen.

Dazu gehört die Bereitschaft Reisen zu wagen
in unbekannte Länder, die uns Gott zeigen will.

Ich wünsche mir eine Kirche,
die diese Abenteuerreisen wagt -
und Gottes Wort mit ins Reisegepäck nimmt.
An Scheidewegen wird dann Gottes Ruf in die Freiheit,
und Mündigkeit lebendig.

Denn Gott will unsere Füße auf weiten Raum stellen,
will daß wir atmen können und
Freude daran haben uns auf 
die ungeheure Reise unseres Lebens zu machen.

Gottes Ruf lebt:
Segen zu suchen,
Segen zu finden und 
Segen zu sein.

Und so schließe ich als Christin
meine Predigt zu dem wagemutigen,
glaubensstarken jüdischen Stammvater Abram
mit einem Segenswunsch:

Du Gott der Anfänge:
laß Blumen blühen,
laß das Wasser rauschen und
den Wind leicht kühlen -
auf dem weiten Raum,
auf dem Du unsere Füße stellst.

Du Gott der Anfänge:
segne uns,
wenn wir deinen Ruf hören,
wenn deine Stimme uns lockt
zu Aufbruch und Neubeginn.

Du Gott der Anfänge:
laß dein Licht leuchten über uns,
wenn wir in Vertrauen und Zuversicht
einen neuen Schritt wagen
auf dem Weg unseres Glaubens.

Laß die Blumen blühen für jeden von uns,
laß den Wind uns den Rücken stärken
und die Sonne warm auf unser Gesicht schauen,
wo wir gehen.
Gott der Anfänge, segne uns.

Amen

Ideen und Mails an: webmaster@comtheo.de