Comtheo * Predigten aus dem Vikariat von Susanne und Martin Jensen


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17. Dezember 2000 - 3. Advent - Jesaja 40, 1-8
Vikarin Susanne Jensen

Liebe Gemeinde!

Wir haben heute den dritten Advent,
langsam aber sicher nähern wir uns 
dem Fest der Feste: Weihnachten.

Auf dieses Fest gilt es sich vorzubereiten. 
Und so stürzen wir uns schon seit Wochen hinein
in die Vorbereitung - in die Menschenmengen
am Samstag, die sich vom Südermarkt zum Nordermarkt
und in umgekehrter Richtung drängen.
Mitten auf dem Weg - am Holm - da gibt es eine Stärkung:
Ein Teller Erbsensuppe im Stehen.

Dieser Schlag Erbsensuppe 
bedeutet leibliche Stärkung auf dem Weg 
durch Gedrängel und Hektik.

Jeder und jede von uns hat Stärkung nötig.
Braucht etwas für Leib und Seele.
Die Worte, die wir heute hören als Predigttext
verstehen sich als Stärkung:
handfeste Worte - eben ´was richtig Gescheid´s.

Ich lese Ihnen Worte aus dem Buch Jesaja,
die im 6. Jh. v. Chr. im Exil - in Feindesland -
entstanden sind:
....
Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott.
Redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr,
daß ihre Knechtschaft ein Ende hat,
daß ihre Schuld vergeben ist;
denn sie hat doppelte Strafe empfangen
von der Hand des Herrn für alle ihre Sünden.
Es ruft eine Stimme: 
In der Wüste bereitet dem Herrn den Weg,
macht in der Steppe eine ebene Bahn unserm Gott!
Alle Täler sollen erhöht werden,
und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden,
und was uneben ist, soll gerade,
und was hügelig ist, soll eben werden;
denn die Herrlichkeit des Herrn soll offenbart werden, 
und alles Fleisch miteinander wird es sehen;
denn des Herrn Mund hat´s geredet.
Es spricht eine Stimme: Predige!
und ich sprach: Was soll ich predigen?
Alles Fleisch ist Gras, 
und alle seine Güte ist wie eine Blume auf dem Felde.
Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt,
aber das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich.
....
Die Worte verstehen sich als Stärkung in einer 
trostlosen Zeit - in der alles in Trümmern lag -
Die Stadt Jerusalem, zu der freundlich geredet werden soll,
lag in Trümmern - Mauerreste zeugten vom grausamen Krieg,
von Deportation und Elend.

587 v.Chr. wurde die heilige Stadt Jerusalem
vom babylonischen König Nebukadnezar 
erobert, geschlifen und abgebrannt. 
Alles was heilig war - Tempelgold und Silber,
wurde weggetragen - Menschen in Feindesland
verschleppt. 

In dieser Zeit hinein entstanden
die kräftigen Worte des Profeten Jesaja.
Worte, die stärken wollen.

Doch mir ging es mit dieser Profetenbotschaft 
erstmal etwas anders. 
Sie hat bei mir eine Menge Fragen ausgelöst.
Dazu ein Gefühl von Überforderung und Traurigkeit.

Haben mich die Worte schwach gemacht?
Habe ich nicht richtig hingehört?
Was ist los mit mir? 
Will ich mich nicht anreden lassen - stärken lassen?
So kurz vor dem Endspurt - vor Weihnachten,
dem Fest der Feste?

Deine Botschaft ist schön, Jesaja  ... 
eine echte Trostbotschaft ... doch ...
die Trümmer stehen noch ... 
unzählige Menschen werden verschleppt und gefoltert ...
Landstriche vertrocknen, Hunger und Durst
quälen Menschen, Tiere und Pflanzen -
Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt.

Was soll ich predigen?
Fragte sich der Prediger vor 2500 Jahren.
Die Antwort ist leicht irritierend:
Alles Fleisch ist Gras, und alle seine Güte 
ist wie eine Blume auf dem Felde. 

Na, hervorragend!
Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt;
denn des Herrn Odem bläst drein.
Gott schaut zu, wie alles verwelkt.

Mein Realitätssinn wird angesprochen:
Genau so ist es!!! 
Alles Leben auf dieser Erde ist sterblich,
wird ein Ende haben.
Das Ende ist der Tod.
Und so bin auch ich sterblich - vom Tod bedroht.
Und so wird auch mein Atem mich verlassen,
trotz Weihnachten, trotz Trostverheißung.

Wohin wird mein Atem gehen? 
Geht mein Atem dorthin,
wohin mein Herz sich hinwendet - zu Dir Gott?

„Sag mir, wo die Blumen sind,
wo sind sie geblieben?“ 
Alle Menschen sind vergänglich wie das Gras.
Auch wenn sie noch so gerecht und treu sind,
es geht ihnen nicht anders als den Blumen auf der Wiese.

Die Blumen blühen eine Weile,
werden vom Regen satt gemacht und
von der Sonne angezogen -
Ihre Köpfe drehen sich dorthin,
wo die Sonne steht -
Die Blumen wissen, was ihnen guttut.

Neben der Aussage,
das alles vergänglich ist, höre ich eine unglaubliche
Heilszusage, an die ich mich halten möchte.
Alles Fleisch miteinander
wird die Herrlichkeit des Herrn sehen.
Daran ist es gut sich zu halten,
darauf zu hoffen, daß es so sein wird.
Diese Heilszusage ist wie eine warme Sonne.

Okay, mitten in den warmen Ton - 
in diesen Sonnenton, ruft eine Stimme:
In der Wüste bereitet dem Herrn den Weg,
macht in der Steppe eine ebene Bahn unserem Gott!

Ganz Unmögliches soll geschehen,
und wir Menschen - alles Fleisch - 
wir sollen daran mitwirken, 
sollen die Offenbarung Gottes vorbereiten.

Gesagt ist uns, das wir das können.
Unsere Hände können an dem Unmöglichen
mitwirken - denn des Herrn Mund hat´s geredet.

Eine tolle Sache,
daß wir am Kommen Gottes mitwirken können.

Man muß es nicht unbedingt hören
als Überforderung, sondern man kann es hören als Zusage,
daß jeder seinen Teil dazu beitragen kann,
daß Gott kommt - daß wirklich Weihnachten wird.

Mit einem Strauß Blumen in der Hand
können wir uns auf den Weg machen.
Schritt für Schritt auf den eigenen Weg - unseren Lebensweg.
Nicht stehenbleiben, sondern gehen ... mit unseren Füßen.
Jeder von uns hat Lebensgeschichte,
geht seinen Lebensweg.

Der Weg ist nicht eben, geht durch Wüsten und Steppen,
rauf und runter, steinig und staubig, manchmal glatt.

Umwege, Irrwege, Auswege -
Auf dem Weg begleitet uns der Atem -
wir atmen ein und aus - langsam, tief 
dann wieder kurz und schnell.

Es ist auch immer möglich,
auf dem Weg zu stolpern, auf die Nase zu fallen.
Dann ist es angesagt wieder aufzustehen,
den Staub vom Mantel zu schlagen 
und weiterzugehen.

Der Weg ist das Ziel - das Wunder liegt auf dem Weg.

Ich möchte eigentlich auf einem Wunschweg gehen,
Ich möchte es nicht so schwer haben - da mal ne Sackgasse,
dort ein unüberwindlicher Berg, oder ein tiefes Loch -
mitten auf dem Weg.

Mein Wunschweg soll eine Lichtbahn sein -
gradlinig - freundlich - beschützt. 
Eben ein gesegneter Weg,
auf dem der Herr mein Schatten ist über meiner rechten Hand,
daß mich des Tages die Sonne nicht steche,
noch der Mond des Nachts. 

Na, so ist es halt nicht.
Auf Nebenwegen macht mir die brennende Sonne zu schaffen,
warten Löcher darauf, daß ich hineintappe.
Mir geht es nicht anders als allem Fleisch -

Doch die Zusage besteht:
Gott geht in dieser Welt auf krummen Wegen.
Er geht durch unwegsame Wüsten - 
Er kommt auf Schleichwegen mit den Menschen, die schwer tragen.
Er ist der Gott, der Niedriges erhöht, indem er sich selbst erniedrigt ...
Ein Gott, der Leiden kennt und
keinen Bogen um die Trümmer macht.
Ein Gott, der ins Exil geht - 
Der spricht: Tröstet, tröstet mein Volk!
Redet mit Jerusalem freundlich
und predigt ihr, daß ihre Knechtschaft ein Ende hat ...

Der gesegnete Weg ist der Weg zum Stall -
er führt durch unwegsames Gelände, 
dann wieder über ein bezauberndes Feld,
das unsere Herzen und Sinne öffnet.
Der Weg zum Stall  
ist der Weg der Bewunderung,
der Weg der Gottesfurcht. 

Gerade dort können wir Zeugen werden
für das Wunder in der Welt,
für die Herrlichkeit des Herrn
in der Gestalt eines neugeborenen schreienden Kindes,
das nichts anderes will als leben und atmen 
wie alles Fleisch. 

AMEN

Ideen und Mails an: webmaster@comtheo.de