Comtheo * Predigten aus dem Vikariat von Susanne und Martin Jensen
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29.August 1999 - 13.Sonntag nach Trinitatis -
Markus 3,31-35 Susanne Jensen Liebe Brüder und Schwestern, geliebte Gottes! Wieder hat uns Jesus gepackt, hat er uns eingeholt mit seinen Provokationen. Wir hören Worte und stutzen - familienfeindliche Worte? Worte gegen Mutter und Geschwister? Die Szene sieht wie folgt aus: Der selbsternannte Wanderprediger Jesus ist auf seinem Weg durch Galiläa in einem Haus eingekehrt. Eine Situation, wie er sie schon öfters erlebt hat. Jesus kommt an und Menschen strömen herzu. Es entsteht ein Tumult. Sie wollen etwas von ihm. Jedermann sucht ihn, sie wollen ihm nahe sein, ihn berühren. Das macht seine große Anziehungskraft. Jesus ist der Mann, der alles kann. Er leuchtet - seine Worte leuchten - seine Worte sind wahr, kommen von Gott. Wer würde nicht zu ihm wollen? Seinen engsten Verwandten geht es nicht so mit der Jesus-Bewunderung. Sie kennen ihn ja von klein auf. Sein Lächeln, seine Streiche und seine Liebe ist ihnen zu vertraut - sie kennen ihn. Sie suchen ihn und wollen etwas von ihm, doch sie sind anders motiviert als die vielen Menschen. Sie hören viel von ihm, seinen Aktionen, und denken sich ihren Teil. Menschenskinder, was hat er nun wieder angestellt! Menschen geheilt und in Vollmacht gepredigt, Schriftgelehrten und Priestern widersprochen und Aufruhr erzeugt. Das ist beängstigend. Er ist Teil der Familie, er gehört zu uns, und wir müssen hinter ihm her, ihn bremsen, sonst geschieht ein Unglück. Einen Menschen, der von Sinnen ist muß man bremsen. Ja, man muß ihn schützen. So macht sich die Truppe, Mutter und Geschwister mit Anhang, auf den Weg zu dem Haus. Das Haus seht offen. Es lädt Jedermann und jede Frau ein. Jesus sitzt drinnen im Haus und seine Mischpoche, Mutter und Geschwister drücken sich unschlüssig draußen herum. Sie lassen ihn rufen: Hey du, hol uns mal Jesus raus, er soll sofort kommen. Ich bin seine Mutter und will, daß er sofort kommt. Diejenigen, die Jesus zuhören merken, daß es ein Draußen und ein Drinnen gibt; daß nach Jesus gefragt wird von Draußen. Seine Zuhörer wissen auch, daß es eine bestimmende Nachfrage ist, von Mutter und Geschwistern. Da kann man ... also, da muß man eigentlich gehorchen ... und kommen ... der Familie wegen ... der Ehre wegen ... Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf daß es dir wohergehe - logisch! Und nun die vermeindlich familienfeindlichen Worte, er spricht sie zu den Menschen um sich herum: Wer ist meine Mutter und wer sind meine Geschwister?, und er sah ringsum auf die, die um ihn im Kreise saßen, und sprach: Siehe, das ist meine Mutter und das sind meine Geschwister! Wer Gottes Willen tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter. Was will Jesus? Will er das Familienband zu seinen leiblichen Verwandten durchschneiden? Achtet er nicht die mütterliche Fürsorge? Will er eine Trennung - will er sich lösen? Jesus will im Moment einfach nicht kommen. Er weiß was seine Familie denkt, weiß um ihre Befürchtungen und trägt das. Sie müssen den Kopf schütteln und befremdet sein, das liegt in der Natur der Sache: Ein Profet gilt nirgends weniger als in seinem Vaterland und bei seinen Verwandten und in seinem Haus. Woher hat der Zimmermann aus Nazareth das? Und was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist? Und solche mächtigen Taten, die durch seine Hände geschehen? Nein - Jesus ist nicht auf Trennung aus. Im Gegenteil, er will zusammenfügen, er will verbinden, heilen und verkündigen. Er will ein Bewußtsein verbreiten, das alle Menschen nach Gottes Willen und nach Gottes Schöpfung Brüder und Schwestern sind. Das ist sein Auftrag. Diese Frohbotschaft gilt allen ... dem vielen Volk, das sich alle Wege um ihn versammelt, und sie gilt selbstverständlich auch seinen Verwandten. Nur dauert es eben bei ihnen etwas länger, bis seine Botschaft in ihre Herzen echt einsickern kann. Eine Frage der Zeit. Wann sickert es ein? Am Kreuz, am Grab, bei der Begegnung mit dem Auferstandenen? So ist nun mal Jesu Weg. Er berührt zwangsläufig die Grenzen, er bringt wie ein Feuerwerk seine Botschaft von der Gottes- und Menschenliebe unter die Leute. Die Begeisterung, die Jesus unter den Menschen ausgelöst hat, läßt uns heute noch staunen. Es wird uns klar, das Jesus einmalig war ... das Jesus einmalig ist ... Sein Auftrag ist einmalig, seine Worte, seine Sendung ... seine Liebe zu uns. Wir können ja oder nein sagen zu Jesus. Wir können uns zusammenfinden und über seine Botschaft und sein Leben nachdenken. Wir können seiner Liebe begegnen und sie weitertragen - auftragsgemäß in unserer Nachfolge. Als begeisterte Anhänger Jesu, so stelle ich mir vor, könnten wir vielleicht Buttens tragen, so Anstecker, auf denen steht: Ich bin ein Mensch, von Gott geliebt. Auf einem anderen Butten könnte stehen: Ich bin ein Kind Gottes., oder: Ich will dir Burder/ ich will dir Schwester in Christo sein. Eine öffentlich zur Schau getragene geistbegründete Anhängerschaft. Wer sich bewußt so einen Anstecker ans Hemd heftet, ist natürlich verpfichtet. Verpflichtet auf die Worte und die Liebe Jesu. Er kann in gleicher Weise von drinnen, den Insidern, und von draußen, den Outsidern, befragt werden, wie er es mit seiner Christlichkeit hält. Es gibt kein isoliertes Christsein, keine private Beziehung zu Gott, die den Mitmenschen ausblendet. In der Art: Ich und mein Gott, und dann kommt lange nichts. Denn Gott denkt und liebt immer als Gegenüber, er denkt schöpferisch und liebt alle seine Kinder, liebt seine Gottesfamilie. Wir können in unser Gotteshaus gehen, in dem Jesus ganz aktuell spricht: Wer Gottes Willen tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter. AMEN
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