Comtheo * Predigten aus dem Vikariat von Susanne und Martin Jensen


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Predigt zu Jesaja 5,1-7 
Reminiscere 2000 (19. März 2000) 
Vikar Martin Jensen 
 
 
Predigttext: 
Wohlan, ich will meinem Freund singen, ein Lied von meinem Freund und seinem Weinberg. 
Mein Freund hatte einen Weinberg auf einer fetten Höhe. Und er grub ihn um und entsteinigte 
ihn und pflanzte darin edle Reben. Er baute auch einen Turm darin und grub eine Kelter und 
wartete darauf, daß er gute Trauben brächte; aber er brachte schlechte. 
Nun richtet, ihr Bürger zu Jerusalem und ihr Männer Judas, zwischen mir und meinem 
Weinberg! Was sollte man noch mehr tun an meinem Weinberg, das ich nicht getan habe an 
ihm? Warum hat er denn schlechte Trauben gebracht, während ich darauf wartete, daß er gute 
brächte?  
Wohlan, ich will euch zeigen, was ich mit meinem Weinberg tun will! Sein Zaun soll 
weggenommen werden, daß er verwüstet werde, und seine Mauer soll eingerissen werden, daß 
er zertreten werde. Ich will ihn wüst liegen lassen, daß er nicht beschnitten noch gehackt 
werde, sondern Disteln und Dornen darauf wachsen, und will den Wolken gebieten, daß sie 
nicht darauf regnen. 
Des Herrn Zebaoth Weinberg aber ist das Haus Israel und die Männer Judas seine Pflanzung, 
an der sein Herz hing. Er wartete auf Rechtsspruch, siehe, da war Rechtsbruch, auf 
Gerechtigkeit, siehe, da war Geschrei über Schlechtigkeit. 
 
 
Evangelium Mk 12,1-12 (die Knechte und der Sohn des Weinbergbesitzers werden getötet." 
 
Lied: EG 366 
 
für Gott sind Menschen wie edle Reben; bei uns sollen seine Worte auf fruchtbaren Boden 
fallen; Gott als Winzer als Weinbergbesitzer; merkwürdiges Bild; Gott möchte etwas von uns; 
er weiß um unsere schöpfungsgemäße gute Seite; wir sind Gottes Ebenbilder;  
Jesaja zwingt die Menschen zu einer Perspektivänderung; sie sehen sich selbst aus Gottes 
Sicht; das ist genial, geradezu schlitzohrig; Jesaja, ein Mann, der konfrontiert;  
Jesaja, ein Mann, der aufrütteln will; "Seht euch aus der Sicht Gottes!" Gott hat mit euch 
großes vor.  
 
Gnade sei mit euch 
und Friede von dem, 
der da ist und der da war und der da kommt. 
Amen 
 
Liebe Gemeinde. 
Weinberg, edle Reben, Kelter, gute Trauben, schlechte Trauben. 
Wenn ich Besitzer eines Weinberges, also Winzer, wäre, würde ich Gott für einen tüchtigen 
Weinbergbesitzer, aber für einen lausigen Ökonom halten.  
So wie Jesaja von Gott spricht, versteht er es, einen Weinberg fachgerecht anzulegen. Zuerst 
muß auf einen ertragreichen Untergrund geachtet werden. Jesaja spricht von "fetten Höhen". 
Auch bei den Rebsorten darf man nicht sparen. Je edler die Reben, desto besser der Wein. Es 
braucht viele Jahre der sorgfältigen Pflege, damit diese edlen Rebsorten einen guten Ertrag 
bringen. Dann sind noch das richtige Maß an Sonne und Regen notwendig, und der Wein wird 
ein wirklich guter Jahrgang. 
Wenn ich Winzer wäre, dann wäre ich - genauso wie Gott - maßlos enttäuscht, wenn der 
Weinberg nur schlechte Trauben hervorbrächte. Kein Fruchtfleisch, nur dicke Kerne. Gut, um 
damit den Kompost zu versorgen, unbrauchbar für die Kelterung. Mit ganzer Entrüstung 
würde ich mit den Worten des Jesaja sagen: "Was sollte man noch mehr tun an meinem 
Weinberg, das ich nicht getan habe an ihm? Warum hat er denn schlechte Trauben gebracht, 
während ich darauf wartete, daß er gute brächte?" All meine Investitionen wären ja für die 
Katz gewesen.  
Wenn ich Winzer wäre, würde ich den Weinberg entweder schnell verkaufen oder ihn für 
einen anderen Zweck verwenden. Ein Hotel in landschaftlich reizvoller Lage kann viel Geld 
bringen. Oder ich forste dies Stück Berg auf und sichere mir so EU-Gelder. Auf jeden Fall 
würde ich den Weinberg nicht einfach verfallen lassen. Das ist doch totes Kapital, ein 
Verlustgeschäft. Verluste könnte ich mir als Winzer nicht erlauben. Das Handeln Gottes wäre 
mir vollkommen unverständlich. Gott sagt: "Ich will ihn wüst liegen lassen, daß er nicht 
beschnitten noch gehackt werde, sondern Disteln und Dornen darauf wachsen". Wieso fängt er 
nicht von vorne an? Projekt Weinberg beendet. 
Das würde ich sagen, wenn ich Winzer wäre.  
Doch in bin Prediger und höre den Prophet Jesaja über das Verhältnis von Gott zu uns 
Menschen sprechen. Gott ist der Winzer, der Weinbergbesitzer und wir sind die Reben, die 
gute Früchte bringen sollen. Wir sind die liebe- und mühevoll umsorgten Reben, die von Gott 
geschaffen und mit vielen Fähigkeiten ausgestattet wurden. Wir sind die edlen Reben, weil 
Gott uns nach seinem Ebenbild machte, fähig, gut zu handeln. Wenn es nach Gott ginge, 
hätten wir jede Chance der Welt, um uns zu entwickeln. 
Gerade weil Gott sich solche Mühe mit uns gab, entsetzt mich die Vision des Jesaja: Gott 
wird den Weinberg wüst liegen lassen, wenn die Reben keine Frucht bringen. Gott wird uns 
wüst liegen lassen, wenn wir keine Früchte bringen, die da heißen Recht und Gerechtigkeit. 
"Er wartete auf Rechtsspruch, siehe, da war Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, siehe, da war 
Geschrei über Schlechtigkeit." Alles in mir sträubt sich gegen diese Vorstellung. Wie sollte 
Gott uns, seine Schöpfung, allein lassen wollen? Denkt Gott etwa wie ein Winzer, der nur den 
Profit sieht? Der Mensch als nützliches Geschöpf? Das kann doch nicht sein! 
Nein, Gott denkt nicht wie ein Winzer. Der hätte den Menschen abschrieben und eine neues 
Projekt begonnen. 
Gott schreibt den Menschen nicht ab. Er läßt uns nicht fallen. Doch er ist  enttäuscht und 
liebeskrank. Denn Gott ist ein leidenschaftlich Liebender. 
 
Wie ist das mit der leidenschaftlichen Liebe in unserem Leben - ob nun zu unserem 
Lebenspartner, zu den Kindern oder Freunden? Wie oft haben wir uns kummervoll im Bett 
gewälzt, weil unsere Liebe nicht erkannt wurde. Das so mühsam ausgesuchte Geschenk wurde 
achtlos in eine Ecke gelegt. Das geplante Dinner zu Zweit zerschellte an der schlechten Laune 
des Partners. Die Kinder sind lieber bei Freunden, als ihr Lieblingsgericht zu Hause zu essen. 
Situationen von enttäuschter Liebe, die wir kennen.  
Wir sind dann enttäuscht und traurig, weil unsere Liebe keine Antwort erhält. Die geliebten 
Menschen beschreiten ihre eigenen Wege, ohne ein Signal der Liebe zurückzugeben. Oft 
genug ist dies nicht nur zeitweise so, wie beim schlecht gelaunten Partner, sondern 
fortwährend. Die Antwort bleibt auch in Zukunft aus. Dann fühle ich mich besonders 
enttäuscht. Denn ich suche ja immer wieder Signale der Liebe bei dem geliebten Menschen. 
 
Genauso liebeskrank ist Gott. Er wartet auf unsere Signale der Liebe. Er sieht uns, die edle 
Reben, immer noch erwartungsvoll an und registriert jede gute Frucht. Gott erwartet Recht 
und Gerechtigkeit, nicht Rechtsbruch oder Geschrei über Schlechtigkeit. Gerechtigkeit ist ein 
Beziehungsgeschehen. Wenn ich einem anderen Menschen gerecht werden möchte, muß ich 
seine und meine Bedürfnisse ins Lot bringen. Wenn sich unsere Bedürfnisse nicht vereinbaren 
lassen, sollte ich ihm deutlich machen, daß ich ihn als Gegenüber ernst nehme. Denn wir 
beide sind Geschöpfe desselben, uns leidenschaftlich liebenden Gottes. 
Somit ist das gerechte Verhalten anderen Menschen gegenüber ein Signal der Liebe des 
Menschen zu Gott. Unsere Liebe ist eine Antwort auf die Liebe Gottes. 
Auf diese Antwort wartet Gott jeden Tag neu. Wie sehr, daß machte er viele Jahrhunderte 
nach Jesajas Tod durch das Leben, Sterben und Auferstehen Jesu Christi deutlich. Die 
Passionszeit, in der wir uns zur Zeit befinden, ist gleichsam ein wüst liegengelassener 
Weinberg. Die Liebe Gottes in Jesus Christus wird mit Füßen getreten, gefangengenommen 
und für tot erklärt. Doch so wie Gott es regnen lassen kann über dem wüst liegenden 
Weinberg, um den edlen Reben eine neue Chance zu geben, so hat er Jesus von Nazareth 
auferstehen lassen zum ewigen Leben. Mit dieser Auferweckung hat Gott seine Liebe zu uns 
Menschen unverbrüchlich deutlich gemacht. Gott denkt eben nicht ökonomisch. 
 
Das soll uns gewiß machen, daß die Liebe Gottes zu uns nicht vergeht. Er wird den Weinberg 
nicht vernichten. Es ist an uns, Gott unsere ganz persönlichen Signale der Liebe zu senden, 
ihm unsere Früchte zu zeigen. Denn wir sind edle Reben, von Gott gepflanzt und liebevoll 
angesehen. 
"Wohlan, ich will meinem lieben Freunde singen, ein Lied von meinem Freund und seinem 
Weinberg. Mein Freund hatte einen Weinberg auf einer fetten Höhe. Und er grub ihn um und 
entsteinte ihn und pflanzte darin edle Reben. Er baute auch einen Turm darin und grub eine 
Kelter und wartete darauf, daß er gute Trauben brächte." 
 
Amen 

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