Comtheo * Neue Predigten von Martin Jensen (2002)
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Neue Predigten |
Predigt zu Apg 10 am
Ostermontag 2002
am 1. April 2002 in der Hüttener Kirche
Liebe Gemeinde, In dir ist Freude in allem Leide, oh du süßer Jesu Christ!" Mit diesen und anderen Liedern bekennen wir heute unsere Freude und unseren Glauben an die Auferweckung Jesu Christi. Wir tun dies in Gemeinschaft mit Christen auf der ganzen Welt. Wir dürfen uns zur Auferweckung Jesu Christi bekennen, weil sie nicht im Verborgenen stattfand, sondern sich wirkmächtig entfaltete von Mund zu Mund, von Ohr zu Ohr, von gestern zu heute. Es sind die Frauen am Grab, die Jünger auf dem Weg nach Emmaus, die zwölf Apostel und Missionare, die trotz Gefahr für Leib und Leben nicht den Mund halten konnten. Sie mussten die Erlebnisse mit dem auferstandenen Jesus weitererzählen. Ihr Eifer ließ die Schriften des Neuen Testaments wachsen und schuf die Grundlage unseres Glaubens. Was waren das für Menschen? Was trieb sei an? Es waren Menschen wie Petrus, die nicht müde wurden, in Wort und Schrift Zeugnis abzulegen vor ihren Mitmenschen. Durch den heutigen Predigttext können wir Petrus dabei über die Schulter schauen. Im 10. Kapitel der Apostelgeschichte steht geschrieben: Petrus aber tat seinen Mund auf und sprach: Gott hat das Wort dem Volk Israel gesandt und Frieden verkündigt durch Jesus Christus, welcher ist Herr über alle. Ihr wisst doch, was in ganz Judäa geschehen ist, angefangen von Galiläa nach der Taufe, die Johannes predigte, wie Gott Jesus von Nazareth gesalbt hat mit Heiligem Geist und Kraft; Jesus ist umhergezogen und hat Gutes getan und alle gesund gemacht, die in der Gewalt des Teufels waren, denn Gott war mit ihm. Und wir sind Zeugen für alles, was er getan hat im jüdischen Land und in Jerusalem. Diesen Jesus haben sie an das Holz gehängt und getötet. Doch Gott hat ihn auferweckt am dritten Tag und hat ihn erscheinen lassen, nicht dem ganzen Volk, sondern uns, den von Gott vorher erwählten Zeugen. Wir haben mit ihm gegessen und getrunken, nachdem er auferstanden war von den Toten. Und er hat uns geboten, dem Volk zu predigen und zu bezeugen, dass er von Gott bestimmt ist zum Richter der Lebenden und der Toten. Von Jesus bezeugen alle Propheten, dass durch seinen Namen alle, die an ihn glauben, Vergebung der Sünden empfangen sollen." Ein kräftiges Bekenntnis seines Glaubens, seiner Erfahrung mit Gott, liefert Petrus hier ab. An einem heißen Sommertag steht er im Schatten eines Torbogens. Eine mittelgroße Gestalt, kräftig gebaut, mit Händen wie Schaufeln. Sie und sein grobes, wettergegerbtes Gesicht weisen auf seinen erlernten Beruf hin: Fischer am See Genezareth. Tagein tagaus waren er und sein Bruder Andreas bei Wind und Wetter unterwegs. Sie wussten nie genau, wie der Fang ausgehen würde. Petrus lebte und arbeitete wie die Fischer heute in Eckernförde, Maasholm oder Flensburg. Doch eines Tages war Schluss. Da kam ein Wanderprediger, ein Rabbi und engagierte beide vom Fleck weg als Lehrlinge. Petrus und Andreas wurden Lehrlinge im Verkündigen. Sie lernten vom Jesus, Menschen für Gott zu begeistern. Sie wurden Menschenfischer. Und nun, Jahre später, steht Petrus im Schatten eines Torbogens. Viele Menschen sehen ihn an. Sie stehen und sitzen um ihn herum. Der römische Hauptmann Kornelius, seine Frau und Kinder. Dienstboten und einige Soldaten. Freunde der Familie und Spielkameraden der Kinder. Sie alle hängen an seinen Lippen. Sie hören ihm wirklich zu. Petrus kann es kaum fassen! Dabei ist er schon längst kein einfacher Fischer mehr. Seit Jesu Tod und Auferstehung leitet er die christliche Gemeinde in Jerusalem. Sein Wort wird gehört, wenn es um die Ausbreitung des Glaubens geht. Ja ihm ist sogar die Kraft der Heilung gegeben. Er treibt, wie Jesus, böse Geister aus und erweckt Menschen zum Leben. Petrus ist in seinem Beruf des Menschenfischers überaus erfolgreich. Nein, Petrus steht unter dem Torbogen und kann es nicht fassen, dass er zu Römern predigt. Er riskiert damit Kopf und Kragen. Nach römischem Gesetz sind Petrus und seine Glaubensbrüder und schwestern vogelfrei. Sie glauben an den Menschen Jesus von Nazareth, der nach römischem Recht gekreuzigt wurde. Zudem haben Römer keine Ahnung von einem liebenden und gnädigen Gott, so wie ihn Petrus schon seit Kindesbeinen im jüdischen Glauben kennen gelernt hat. Römer glauben vielmehr an eine Vielzahl von Göttern und dass man sie mit Opfergaben bestechen kann. Wie konnte Petrus eigentlich glauben, unter diesen Umständen bei einem römischen Hauptmann Gehör finden zu können? Es ist die Sehnsucht nach Gott, die Erfahrung einer unverdienten Gottesliebe, die er weitergeben will, nein weitergeben muss - an jeden Menschen, gleich welchen Glaubens. Denn Petrus kennt seine eigenen Sehnsucht nach Gott zu allzu gut. Wie gern wollte er übers Wasser gehen, damals am See Genezareth. Er sah Jesus auf sich zukommen und hatte plötzlich eine Ahnung von einem Leben ohne Hindernisse, ohne Grenzen des eigenen Könnens. Nie mehr krank, arbeitslos, allein, depressiv, traurig oder arm. Kann er Gott entgegengehen? Die Sehnsucht nach Gott ist da, aber sein Mut sinkt und zieht ihn runter. Petrus sinkt. Er sinkt und wird doch gehalten. Jesus hat seine Sehnsucht bemerkt und nimmt ihn in die Arme. Wie gern wollte Petrus seinem Heiland Jesus treu bleiben, sich immer zu ihm bekennen, auch bei Gefahr für Leib und Leben. Doch er verrät ihn dreimal. Ja er leugnet, seinem Lehrer im Verkündigen überhaupt je begegnet zu sein. Als der Hahn kräht, versinkt Petrus wieder im Wasser, im Wasser seiner eigenen Tränen. Er erinnert sich der Worte Jesu. Bevor der Hahn kräht, wirst Du mich dreimal verraten." Jesus kann ihn diesmal nicht in die Arme nehmen. Aber Jesu Vorhersage zeigt, wie gut er den Petrus kennt und dass er um dessen Grenzen weiß. Nicht der Ärger diktiert diese Worte, sondern die Liebe und Freundschaft Gottes, der in Jesus Mensch wurde. Diese Liebe und Freundschaft Gottes treiben Petrus unter dem Torbogen an. Er will der Sehnsucht des römischen Hauptmanns Kornelius mit seinem Bekenntnis antworten, so wie Jesus seiner Sehnsucht eine Antwort gab. Obwohl sein Unvermögen, Gott immer die Treue zu halten, so unübersehbar war, sagte Jesus zu diesem wirklichen Menschen aus Fleisch und Blut: Du bist Petrus, und auf diesem Felsen werde ich meine Kirche bauen." Petrus erfuhr gerade wegen seiner unendlichen Sehnsucht nach Gott eine Antwort Gottes. Es ist diese Sehnsucht nach Gott, die Petrus und Kornelius über die Jahrhunderte mit uns verbinden. Die Kirche bleibt lebendig durch dich und mich, durch unsere Sehnsucht nach Gott, nach einer heilen Existenz in seiner Nähe. Unsere Suche nach dem Emmauserlebnis, unsere Sehnsucht, dies gemeinsam zu bekennen, das ist die Grundlage der Kirche. Unsere Sehnsucht hält das Bekenntnis zu Gott davon ab, nur eine Floskel zu werden, Worthülsen, Phrasen ohne Lebenswert. Die Kirche gründet sich auf uns, auf Menschen, die wir heute zum Gottesdienst gekommen sind und auf die Menschen, die nicht kamen. Kirche gründet auf ehrenamtlichen Mitarbeitern, die sich mit vollem Engagement für ihre Gemeinde einsetzen und auf Ehrenamtliche, die nach Jahren entnervt ihre Tätigkeit beenden, weil sie sich nicht mehr ausnutzen lassen wollen. Kirche gründet auf Theologiestudierende, Vikare in der Ausbildung und Pastoren im Dienst und ebenso auf nicht in den Pastorendienst übernommene Vikare und auf Pastoren, die entnervt und ausgepowert den Beruf an den Nagel hängen. Kirche gründet sich auf Menschen, die Willens sind, Gott einen Platz an ihrer Seite freizuhalten, egal, ob diese Menschen nach aktuellen Maßstäben in oder out sind. Kirche gründet sich auf Menschen, die ihre Emmausbegegnung herbeisehnen, die Ostern herbeisehnen. Es ist Mittag. Petrus hat sich wieder auf den Weg gemacht. Kornelius sitzt im kühlen Raum, gut geschützt vor der Hitze. Er hält ein Stück Pergament in der Hand, das Petrus ihm nach der Taufe gab. Dort steht geschrieben: Jesus tritt in dein Leben du bist nicht allein du bist geliebt vertraue Deinem Gottgefühl. Amen
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