Comtheo * Predigten aus dem Vikariat von Susanne und Martin Jensen


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Predigt über Philipper 1,15-21
Lätare (2. April 2000)
Vikar Martin Jensen

Liebe Gemeinde,
„Christus ist mein Leben, und Sterben ist mein Gewinn.“ Es hat lange gedauert, 
Stunden und Tage, bis ich mich traute, über diesen Satz zu schreiben, mich 
hineinzubuchstabieren. Ich empfinde diesen Satz sehr zwiespältig.
Auf der einen Seite zeugen diese Worte von großer Zuversicht - Kraftworte, 
Bekräftigungsworte. „Christus ist mein Leben.“ 
Darin liegt ganz viel Stärke. Stärke, wie ich sie dem Powermann Paulus 
durchaus zutraue. Einem Menschen, der unter Lebensgefahr missioniert hat; der 
weit gereist ist; der sich immer wieder auseinandersetzen mußte mit 
mißliebigen Gegnern, die seine Verkündigung nicht mochten. Ein Mann, der 
selbst im Gefängnis nicht von seiner Bejahung des Evangeliums gewichen ist, 
obwohl ihm die Römer ans Leben wollten. Und Paulus starb schließlich unter 
Römerhand. Ein christlicher Märtyrer eben. Ein Powermann. Viel Zuversicht 
und viel Stärke klingt aus seinen Worten. Diese Zuversicht will mich erreichen, 
doch da kommt das zwiespältige Gefühl.
„Christus ist mein Leben.“ Eigentlich ist dieser Satz eine Zumutung. Denn ich 
bin nicht dieser Powermann Paulus. Mein Leben ist hin und hergerissen 
zwischen Zuversicht und Angst. Ist das nicht ziemlich viel verlangt, daß 
Christus mein Leben sein soll? Daß ich mich ganz auf ihn hin ausrichte? Ist das 
überhaupt lebbar? 
Wenn ich bedenke, was im Leben alles zählt und wichtig ist, zweifle ich daran: 
Wichtig sind: Der Lebenspartner, Freunde, eine Gemeinschaft, in der man sich 
gerne aufhält, ein gesichtertes Einkommen, eine gute Wohnung und 
Lebensumstände, die ein gewisses Maß an Selbständigkeit ermöglichen. Alles 
Dinge, die mir im Leben wichtig sind. Dann natürlich noch Freude zu haben, 
Dinge zu unternehmen, die mir Spaß machen: wie einen neuen Wagen zu 
kaufen, oder einen schönen Kurzurlaub zu genießen. 
Auch das ist Leben. 
Ich merke, wie mein Herz weit wird. „Vielfarbenbunt ist unser Leben.“
Doch wenn es hart auf hart kommt, der Urlaub nicht mehr möglich ist, sich 
Krankheit einstellt,  und die Freunde ausbleiben, dann wächst die Sehnsucht. 
Die Sehnsucht nach einem verläßlichen Menschen, einem Halt, jemandem, der 
mir sagt: Ich mag dich, ich liebe dich, ich stützte dich! 
Ja, das klingt nun genau nach der Miesmacherei, die ich normalerweise ablehne. 
Nicht zu genießen, was uns das Leben schenkt, sondern gleich auf die Krise 
verweisen zu müssen. Als ob man nicht genießen dürfte, was einem Gutes 
vergönnt ist. 
Doch ich will genießen und ich glaube, Paulus hat nichts anderes getan.Gerade 
dann kann ich das Leben genießen, wenn ich weiß, daß ich geborgen und 
geliebt bin. 
Wenn ich an Paulus denke, der im Gefängnis sitzt und nicht weiß, was der 
nächste Tag bringen wird, und sagt: „Christus ist mein Leben.“ dann höre ich 
daraus: „Von dem Gott, der Jesus Christus hat leben, sterben und auferstehen 
lassen, von dem Gott fühle ich mich geborgen. Von diesem Gott will ich 
aufgehoben werden, nur von diesem Gott. Von diesem Gott will ich 
hinausgeführt werden aus dem Tal. Diesem Gott traue ich das zu.
Ich vertraue mich Gott an. 
Zu ihm will ich beten können und sagen: „Vater, es geht mir nicht gut.“ oder 
„Vater, ich danke dir, daß es mir gut geht.“
Aus diesem Sich-Anvertrauen spricht Paulus und übersendet uns seine 
Lebenszuversicht: „Christus ist mein Leben. Was auch immer ich tue, es wird in 
den Händen Gottes geborgen sein. Ich kann Kraft finden bei Gott, in einem 
Mitmenschen oder auch in der Natur. 
Deshalb habe ich heute - mitten in der Passionszeit - viele fröhliche Lieder 
ausgewählt, nein, nur fröhliche Lieder. Denn zu den Worten „Christus ist mein 
Leben, und Sterben ist mein Gewinn.“ gehört die Botschaft „Christus ist 
auferstanden. Christus ist wahrhaftig auferstanden.“ Der Ostergruß. 
Ohne eine Auferstehung vom Tod, ohne ein Geborgen-Sein in der Hand Gottes 
könnte das Leben nicht immer neue Möglichkeiten eröffnen. Denn das Leben 
ist ganz vielfältig. Genauso vielfältig, wie auch Jesus von Nazareth lebte und 
Gott ist. 
Amen


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